Sonntag, 18. Oktober 2009

Serie: Steuerliche Betriebsprüfung

Mehrwertsteuer

Unser heutiges Thema behandelt einige ausgewählte Mehrwertsteuerfragen,
die in der Praxis häufi g falsch behandelt werden und im Rahmen der steuerlichen
Betriebsprüfung zu erheblichen Nachbelastungen einschließlich Steuerstrafen
führen können.

Unterbliebene Mehrwertsteuer-Erklärung von ausländischen Unternehmen
Das „Reverse-Charge-Verfahren“, das die Mehrwertsteuerschuld auf den Leistungsempfänger überträgt, wurde mit Wirkung ab dem 1. September 2006 auf fast alle B2B-Geschäfte ausländischer Unternehmen mit französischen Kunden erheblich ausgeweitet. Hiervon ausgenommen sind weiterhin ausländische Unternehmen, die in Frankreich an Privatpersonen oder an andere, nicht der Mehrwertsteuerpflicht unterliegende Unternehmen liefern.
Es ist immer wieder festzustellen, dass ausländische Unternehmen diese Ausnahmeregelung nicht kennen und ihren Mehrwertsteuerpflichten nicht nachkommen. Im Rahmen der Betriebsprüfung führt dies wegen Ausübung einer nicht deklarierten Aktivität zur Mehrwertsteuer-Nachzahlung zuzüglich hoher Steuerstrafen (bis 80%).

Unterlassene Selbstdeklarierung zur Mehrwertsteuer
Bei einer Vielzahl von Vorgängen ist der Empfänger (Kunde) von sich aus verpflichtet, die Selbstdeklarierung und Mehrwertsteuer-Bezahlung vorzunehmen (Reverse Charge/Autoliquidation).

Die „Autoliquidation“ ist grundsätzlich sowohl für das Unternehmen als auch die Finanzkasse ein neutraler Vorgang, da ja die Deklarierung zum sofortigen Abzug berechtigt. Des Weiteren führt auch die nicht vorgenommene „Autoliquidation“ gegenüber einer ordnungsgemäßen Selbstdeklarierung zu keinerlei Schaden bei der Finanzkasse. Trotzdem sieht das französische Steuerrecht für jede unterlassene Autoliquidation eine Steuerstrafe in Höhe von 5% der nicht deklarierten Mehrwertsteuer vor.

Im steuerlichen Alltag ist grundsätzlich zu beobachten, dass die häufigsten vorzunehmenden Selbstdeklarierungen wie innergemeinschaftliche Erwerbe, fakturierte Dienstleistungen von ausländischen, nicht in Frankreich ansässigen Serviceunternehmen etc. von den Buchhaltungsabteilungen in der Regel vorschriftsgemäß behandelt werden. Hingegen werden andere, weniger oft anfallende Vorgänge, wie z.B. die vom Unternehmen für sich selbst geschaffenen Anlagegüter (Eigenleistungen), nicht immer richtig eingeordnet. Bei Indienststellung des Anlagegegenstandes fallen beim Unternehmen sowohl die Position des Lieferanten als auch des Kunden zusammen; damit unterliegt es als Lieferant der Mehrwertsteuer, die jedoch als Kunde nach den normalen Vorschriften wieder abgesetzt werden kann. Soweit für diesen Vorgang keine „Autoliquidation“ erfolgt, fällt die 5% Steuerstrafe an.

Mangelnder Nachweis für innergemeinschaftliche und Exportlieferungen
Export- und innergemeinschaftliche Lieferungen sind – soweit der Verkäufer dies belegen kann – mehrwertsteuerfrei.

Die Nichteinhaltung der bestehenden Nachweisvorschriften wird von der Finanzverwaltung mit großer Strenge geahndet. So wird die Mehrwertsteuerbefreiung systematisch in Frage gestellt, soweit das Unternehmen nicht in der Lage ist, gewisse spezifische Dokumente (z.B. Ausfuhrdeklaration etc.) vorzulegen. Wenn so z.B. der Warentransport direkt ab Werk vom Kunden selbst durchgeführt wurde, so muss das französische Unternehmen den Beweis erbringen können, dass die Ware tatsächlich Frankreich verlassen hat. Umstände wie der erfolgte Zahlungsnachweis aus dem Ausland oder die grundsätzliche Lieferung an eine ausländische Gruppenfirma sind keine ausreichenden Beweise. Die Mehrwertsteuernachzahlungen sind in der Praxis immer häufiger bei den Unternehmen, die davon überzeugt sind, eine entsprechende Lieferung ins Ausland vorgenommen zu haben, aber nicht den adäquaten Nachweis erbringen können, festzustellen.

Es wird deshalb dringend eine enge, abgestimmte Zusammenarbeit zwischen Buchhaltungs- und Auslieferungs abteilung zwecks Sicherstellung des Liefernachweises ins Ausland empfohlen.

Verfrühter Abzug der Mehrwertsteuer auf Dienstleistungsrechnungen
Grundsätzlich wird in Frankreich die Mehrwertsteuer auf Dienstleistungsrechnungen erst nach deren Bezahlung geschuldet. Auf Antrag kann der Lieferant für das System der Ist-Versteuerung, d.h. der Mehrwertsteuer-Abführung bei Versand der Rechnungen optieren. Soweit aber keine Option vorliegt, kann auch der Kunde erst nach Begleichung der Rechnung den Mehrwertsteuerabzug vornehmen. Häufig ist festzustellen, dass die Unternehmen generell ohne Differenzierung bereits bei Rechnungseingang die Mehrwertsteuer absetzen. Bei den Betriebsprüfungen wird dieser Vorgang systematisch verifiziert. Jede verfrühte Mehrwertsteuergeltendmachung führt zur Nachzahlung und zu entsprechenden Verzugszinsen. Bei hohen Rechnungbeträgen kann das Finanz risiko aus den steuerlichen Nachveran lagungen erhebliche Auswirkungen mit sich bringen.

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DiagnosticNews ist eine monatliche Publikation von Coffra

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